Schlachthof früher

Vor einigen Jahren kam ich zu den Fotoamateuren Offenburg. Am Clubheim, besonders im Winter, wenn das Licht im Hof anging, hörte ich die Geräusche und bemerkte den Geruch der Tiere, die ganz in der Nähe im Schlachthof waren. Daher war das Clubheim und der Schlachthof gegenüber bei mir immer präsent.
In der Zeitung las ich dann, dass der Schlachthof aufgelöst werden soll. Das wunderte mich doch sehr! Wo kommen dann die Tiere zum schlachten hin? Überall ist im Gespräch, daß kurze Wege auch für gutes Fleisch wichtig sind.
Als sich die Zeiten der Bewirtschaftung dem Ende zuneigten, hatte ich das Bedürfnis alles festzuhalten. Die Bilder vermache ich – auch deshalb – dem Archiv Offenburg, als Erinnerung.

Author: Elisabeth Pfaff

Im Jahre 1965 trat ich 26-jährig als Veterinär den Dienst im Schlachthof der Stadt Offenburg an.  Man kann kaum glauben, in welchem Ausmaß sich die Zeiten auf dem Lebensmittel-Sektor bis heute gewandelt haben.  Es gab zu Beginn meiner Tätigkeit in Offenburgs Kernstadt 24 Metzgereien!  Davon ist heute keine einzige mehr am Ort. Als Letzte hat vor einigen Jahren die Metzgerei Fuchsschwanz dicht gemacht. Der Bedarf an Fleisch und Wurst war in den 60-iger und 70-iger noch sehr groß und die Betriebe liefen alle sehr gut. Für Lebensmittel gab man damals wohl 5x so viel vom Einkommen aus wie heute. Die Preise für Fleischwaren sind gegenüber damals nur unwesentlich gestiegen.

Jede größere Stadt war seiner Zeit verpflichtet, einen öffentlichen Schlachtbetrieb zu unterhalten, und die Metzger waren gezwungen, dort ihre Schlachtungen vorzunehmen. Hauptschlachttag war der Montag. Meister, Gesellen und Lehrlinge kämpften darum, ab 6h möglichst die ersten zu sein. Da ging es dann bis 14h richtig zu Sache in der Rinder- und Schweineschlachthalle. Das Vieh wurde eingekauft  bei den Landwirten der näheren Umgebung. Die Schlachttiere waren vor der Schlachtung untergebracht in der sog. Viehmarkthalle, einem Relikt aus der NS-Zeit, ca 40 m entfernt von den Schlachthallen, und mussten über den Hof getrieben werden.

Nur ein Schlachttag pro Woche war betriebswirtschaftlich nicht zu verantworten und gegen heftigsten Widerstand  -da war sich die Metzgergilde ausnahmsweise mal einig-,  wurden die Schlachtungen aufgeteilt auf 3 Tage/Woche. Anfang der 70-iger Jahre hat man Stallungen direkt an die beiden Schlachthallen angebaut. Daraufhin konnte die EWG-Zulassung erlangt werden, was für den weiteren Betrieb ein wesentlicher Fortschritt war. In der Folge gaben die Metzgereien die eigene Schlachtung immer mehr auf und überließen die Arbeit Kopfschlächtern oder kauften ihren Bedarf beim Großschlächter. Die Zahl der Schlachtungen nahm deutlich zu und 1984 kam es zu einem wichtigen Umbau der Anlage. Es wurde ein Schlachtband in der Schweineschlachthalle installiert, kombiniert für Rinder- wie Schweineschlachtung mit einer Kapazität von nahezu 100 Schweine und 30 Rinder/Std.  So stiegen die Schlachtzahlen in der beschriebenen Zeitfolge von anfangs 22o Schweinen/Wo auf 1200 und bei Rindern von 40 auf 250/Wo in der Hochphase.

1995 verpachtete die Stadt den Betrieb an eine Betreibergesellschaft, nachdem aufgrund eines umstrittenen sog. Sonderbehörden-Eingliederungs-Gesetzes Verwaltung und hoheitliche Aufgaben

( tierärztlicher Dienst) getrennt werden mussten. 2019 wurde der Schlachthof zum Nachteil der heute so gerne gewünschten erzeugernahen Produktion von frischem Fleisch ersatzlos stillgelegt.

Trotz der scharfen Hygiene-Maßnahmen hat man immer versucht, bei den notwendigen Umbauten die alte inzwischen denkmal-geschützte Bausubstanz zu erhalten. So zeigt sich heute die Anlage als großartig erhaltenes Beispiel damaliger (um 1900) Architektur bei Industriebauten. 1906 wurde der Betrieb unter großer Anteilnahme der Bevölkerung mit einem Festzug vom Bahnhof, wo Bürgermeister und Stadtrat Ehrengäste in Empfang nahm, zum Schlachthof eingeweiht,  –allen voran ein stattlicher Bulle!

Author: Matthias Rapp